Das Macheten-Kompendium
Wer in Costa Ricas in ländlichen Regionen unterwegs ist, wird nicht umhin kommen, auf die Machete zu stoßen. Sie ist das Universalwerkzeug im Regenwald und wird dort hauptsächlich zum Entfernen von Gestrüpp genutzt (auf costarikanischem Spanisch: chapiar oder chapear).
Aber auch zum Fällen von kleineren Bäume, also als Axt-Ersatz, zum Ernten von Früchten oder zum Öffnen von Kokosnüssen kommt sie zum Einsatz.
Profis lassen mit spielerischer Leichtigkeit die Machete fliegen, wie man auch sagt.
Teilweise scheint die Machete die angewachsene Verlängerung des Arms des Machetenarbeiters zu sein.
In diesem Artikel lüften wir für Sie die Geheimnisse der Machete bei der täglichen Arbeit im Regenwald und Sie erhalten Tipps und Tricks zum Umgang mit diesem nicht ungefährlichen Werkzeug.
Macheten in Costa Rica
Weltweit gibt es viele verschiedene Machetentypen. Während es in Costa Rica auch diverse Größen und Arten gibt, haben alle gemeinsam, dass die aus recht dünnem Material und daher biegsam sind. Bekannte Marken hier sind: Corneta, Imacasa, Bellota
Erfahrung macht den Meister
Im ländlichen Costa Rica wird schon im Kindesalter mit stumpfen Macheten gespielt. Wenn diese Kinder im Teenageralter noch praktische Erfahrung mit geschärften Macheten im Feld sammeln, reden wir hier von einem enormen Wissensvorsprung gegenüber einem Ungeübten, der beispielsweise erst kürzlich ins Land gekommen ist.
Beginnen Sie also am besten langsam, vielleicht sogar ebenfalls mit einer stumpfen Machete, um ein Gefühl für die Hebelwirkung und den Schwung zu bekommen. So kann sich Ihr Körper an die Bewegungen gewöhnen.
Speziell die Fingermuskulatur muss in der Lage sein, den Griff stets fest zu umfassen. Sonst könnte die Machete beim Schlagen wegfliegen und Schaden anrichten.
Effektiv Holz oder Gras durchtrennen sollten Sie mit einer stumpfen Machete lieber nicht. Das geht besser mit einer geschärften.
Auch sollten Sie den Wirkbereich der Machete gut einschätzen können, um sich nicht selbst zu verletzen. Kürzere Macheten haben logischerweise weniger Hebel, sind also schneller, ohne weitläufige Rotation am Ziel und können sich auch leichter gegen eigene Körperteile wenden.
Bleiben Sie am Anfang also nur bei einer Machete mit gleicher Länge.
Sicherheitstipps
1. Eine Scheide benutzen
Wenn die Machete nicht benötigt wird, sollte sie direkt in eine Scheide gesteckt werden. Diese kann mit einem Gurt, der analog zu einem Anschnallgurt diagonal über die Schulter verläuft, auf Hüfthöhe gehängt werden.
Vorteil: Sie haben jederzeit beide Arme frei und bei einem möglichen Sturz sind Sie vor der Klinge der Machete gut geschützt. Auch ein „Verlieren” in unübersichtlichem Gelände durch Liegenlassen wird verhindert.
2. Die Machete sicher greifen
Wenn Sie den Griff der Machete mit Rillen versehen, verbleibt sie gut in der Hand.
Gerade wenn es regnet, kann der glatte Griff einer Machete dazu führen, dass sie beim Schlagen aus der Hand gleitet. Wird der Griff nachträglich mit Rillen versehen, so kann dies verhindert werden.
Nutzen Sie eine kleine Säge und versehen Sie den Hartplastik-Griff rundherum und auf ganzer Länge mit horizontalen Rillen.
Erfahrene Machetennutzer raten zudem zum „Zangengriff“. Dabei wird der Griff zusätzlich mit am Metall anliegendem Zeigefinger an der Kante des Griffstücks eingeklemmt.
Ich geben Ihnen diese Information wertungsfrei mit, gehe selber nicht so vor.
3. Umgebung beachten
Arbeiten Sie stets mit großem Abstand zu anderen. Wenn die Machete Ihnen aus der Hand fliegt und weggeschleudert wird, sollten sich andere Personen außerhalb ihrer Reichweite befinden.
4. Schutzkleidung tragen
Auch wenn es in vielen Ländern mit verbreiteter Machetennutzung unüblich ist: Tragen Sie verstärkte Schuhe oder Gummistiefel mit Stahlkappen. So können die Folgen versehentlicher Machetenschläge auf die Füße abgemildert werden. Andere Accesoirs wie eine Schutzbrille haben sich wegen der hohen Feuchtigkeit im Regenwald als nicht zweckmäßig erwiesen. Lange Hosen und Hemden sind empfehlenswert.
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5. Machete nicht an der Hand befestigen
Nutzen Sie kein Sicherungsband zur Befestigung der Machete ums Handgelenk. Die Löcher im Griff der Machete dienen dazu, sie im Lager an einen Nagel zu hängen.
Wenn Ihnen die Machete aus der Hand rutscht, ist es besser, wenn sie von Ihrem Körper wegfliegen kann.
6. Harter Griff, weicher Arm
Halten Sie die Machete fest in Ihrer Hand, aber schlagen Sie dosiert, nie mit voller Kraft. Das spart Energie und schont Ihre Gelenke.
7. Umgebung beachten: Gestrüpp und Bäume
Wenn Sie im Regenwald Gestrüpp entfernen, achten Sie auch stets auf Ihre Umgebung.
Halten Sie auch den Bereich oberhalb im Blick: Wenn Sie eine Liane zerschneiden oder einen kleinen Baum, kann dies eine Kettenreaktion hervorrufen.
Zum Beispiel könnte ein festhängender Ast auf Sie herunterfallen, wenn er durch Ihre Aktion gelöst wird. Oder ein weiter oben angelehnter Baum kippt nun komplett um.
Umgekehrt kann auch ein umgebogener und eingeklemmter Baum, der aktuell unter Spannung steht, unversehens nach oben schnellen, wenn durch Ihren Schlag seine Blockade gelöst wird. Hier besteht ebenfalls ein Verletzungsrisiko.
Achtsamkeit geht vor Schnelligkeit.
8. Zukünftige Unfälle schon heute vermeiden
Wenn Sie einen kleinen Baum in Bodennähe abgeschlagen haben, stellen Sie sicher, dass keine spitzen und scharfen Stümpfe im Boden verbleiben. Das noch vorhandene Wurzelwerk wird diese noch lange in dieser Position halten.
Hinterlassen Sie auch keine losen Astgabeln von umgehauenen Bäumchen auf dem Boden, sondern schlagen Sie diese stets entzwei.
Diese erhöhen ansonsten in Zukunft Ihr Verletzungsrisiko auf dem Grundstück bei Sturz oder durch darüberstolpern.
9. Umgebung beachten: gefährliche Tiere
Achten Sie auf (Gift-)Schlangen beim Arbeiten im Dickicht.
Lernen Sie zwischen Giftschlangen und ungefährlichen zu unterscheiden. Wenn Sie von einer Giftschlange gebissen werden, haben Sie grob zwei Stunden Zeit, um ins Krankenhaus zu gelangen, bevor Sie sterben.
Sehr oft trifft man auch auf verschiedene Arten von Bienen, die agressiv werden und sofort zustechen, wenn Sie sich deren Nest nähren. Wenn Sie ein Bienennest bereits von weitem erkennen, umgehen Sie dieses weiträumig und schauen Sie zu einem späteren Zeitpunkt an der Stelle nach.
Vielleicht ist es bereits selbstständig verschwunden.
Wenn Sie das Nest nicht frühzeitig erkennen, werden Sie spätestens merken, dass etwas nicht stimmt, wenn ein Bienenschwarm um Ihren Kopf kreist. Hier hilft nur eine blitzschnelle Flucht. Falls Sie allergische Reaktionen auf Insektenstiche haben, führen Sie am besten Antihystaminika mit sich.
8. Ungewöhnliche Positionen vermeiden
Arbeiten über Kopf vermeiden, weil wir normalerweise nicht über Kopf arbeiten und einem die Machete hierbei leicht auf den Körper fallen kann. Ziehen Sie Äste lieber mit einem Hilfsmittel herunter und schlagen Sie dann von oben nach unten.
9. Sicheren Stand suchen
Suchen Sie stets einen sicheren Stand, bevor Sie schlagen
Wenn Sie während des Schlages aus- oder wegrutschen, kann der Schlag nicht wie gedacht ausgeführt werden. Entfernen Sie daher stets Unkraut von Ihrer Aufstellfläche, wenn die Ausführung der Arbeit absehbar länger dauert. Seien Sie an Hängen besonders vorsichtig.
Achten Sie in Hanglagen speziell auf Schlangen, da diese hier einen besseren Angriffswinkel haben und leicht oberhalb Ihrer schützenden Stiefel zubeissen können.
10. Machete nicht zweckentfremden
Prinzipiell sollte man sich des genauen Einsatzzwecks der Machete bewusst sein. Zweckentfremdung zum Beispiel zum Graben oder Schälen einer Frucht geht mit erhöhter Unfallgefahr einher.
11. Weitere Vorsichtsmaßnahmen
Führen Sie Verbandszeug mit sich und arbeiten Sie am besten zu Zweit.
Führen Sie ein Mobiltelefon mit, finden Sie die GPS-Daten Ihres Standorts heraus und notieren Sie diese, um bei einem Unfall schnell Hilfe zu rufen.
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12. Pausen einplanen
Pausieren Sie, wenn Sie müde sind. Viele Unfälle passieren wegen Unaufmerksamkeit und Müdigkeit. Es ist auch möglich, die Hand zu wechseln, wenn Sie prinzipiell auch mit der anderen Hand versiert sind.
13. Regelmäßige Materialprüfung
Achten Sie auf Risse, die im 90°-Winkel auf der Klinge auftreten. Meist entstehen diese in Folge von harten Schlägen auf Steine. Wenn diese Risse größer werden und auch nicht durchs Feilen verschwinden, kann die Machete an dieser Stelle bei einem Schlag komplett durchbrechen, so dass sie zweigeteilt wird und der vordere Teil davonfliegt.
Hier kann man präventiv tätig werden und die Machete direkt mit einer Trennscheibe verkürzen und einem anderen Nutzungszweck zuführen.
Organisatorisches und Pflege der Machete
Einsatzzweck definieren und Größe der Machete festlegen
Je nach Einsatzzweck kann die Nutzung einer bestimmten Art von Machete sinnvoll sein. Für die Arbeiten auf unserem Wiederaufforstungsgrundstück hat sich eine 26“ Machete bewährt. Der Einfachheit halber werden wir uns auf diese Machetenart beschränken.
In Costa Rica wird zwischen Rula und Machete unterschieden. Rula ist komplett gerade und würde eher zum Grass- und Unkrautschneiden verwendet werden, während Machete eine kleine Ausstülpung („Bauch“) im vorderen Teil hat, womit man zusätzlich besser weiches Holz schneiden kann.
Die Machete hat typischerweise nur eine Seite mit Klinge.
Machete schärfen
Gewiss gibt es viele verschiedene Methoden, eine Machete zu schärfen. Klar ist: Arbeitet man mit einer stumpfen Machete, erschwert dies die Arbeit ungemein. Womöglich muss man dann mehrmals schlagen, während mit einer geschärften Machete ein Schlag ausgereicht hätte.
Hier in den Gegend wird eine Feile zum Schärfen der Machete verwendet, welche wiederum selbst nach einigen Tagen mit einem Stein, der zum Schleifen von Messern verwendet wird, geschärft werden muss.
Wir reden hier von einer Feile, die eine scharfe Seite hat, welche durch mehrstündiges Schleifen am Schleifstein entsprechend verschlankt wurde. Später dazu mehr.
Zuerst benötigt die Machete eine Grundschärfung mit einem Dremel oder einer Trennscheibe, wobei hier auf eine sehr gute Kühlung zu achten ist.
Im Feld erfolgt das Schleifen der Machete, in dem man die Feile mit beiden Händen erfasst und sie mit Druck von vorne nach hinten – auf den Körper zu – über die Klinge der Machete zieht. Dabei müssen kleine Metallspähne der Machete abfallen und das Metall der Klinge muss danach auf ca. 1,5 cm Breite glänzen.
Die Feile wird beim Drüberziehen mit der Klinge beinahe parallel zur Klinge der Machete gehalten.
Für Anfänger ist es sinnvoll, die Machete mit dem vorderen Teil in einem 90° Winkel, also waagerecht in einem Baum „abzustellen“. Dabei wird die Machete so in den Baum geschlagen, dass sie darin kleben bleibt. Hier sind weiche Bäume zu bevorzugen. Es kann sein, dass alleine das Abstellen etwas Übung benötigt.
Denn die Machete kann beim Einschlagversuch entweder zurückschnellen oder nur sehr leicht in der Rinde des Baumes haften bleiben.
Wir benötigen eine stabil im Baumstamm klebende Machete.
Anschließend die Machete etwa mit dem eigenen Bauch oder der Hüfte am Griff weiter nach unten drücken, so dass die Klinge unter Spannung steht.
Nun die Feile wie beschrieben über die Klinge der Machete ziehen, dabei ist darauf zu achten, dass der Griff der Feile sich auf der Seite befindet, wo sich die Klinge der Machete befindet. Dadurch kann bei einem eventuellen Abrutschen ein gewisser Schutz gewährleistet werden.
Während des gesamten Vorgangs ist darauf zu achten, dass die abgestellte Machete weiterhin im Baum verbleibt. Sollte sie sich lockern, was stets zu erwarten ist, muss sie erneut im Baum „abgestellt“ werden.
Natürlich kann man auf diese Weise nicht die Machete auf ganzer Länge schärfen, weshalb im nächsten Schritt die Machete so abgestellt werden muss, dass der noch nicht geschärfte Teil übersteht. Gegebenenfalls ist dann die Seite des Baumes zu wechseln.
Ist die eine Seite der Machete fertig geschärft, so muss die Machete um 180° in der Längsachse gedreht werden, um auch die andere Seite zu schärfen.
Hier den Vorgang wie oben beschrieben wiederholen.
In diesem Video sehen Sie, wie ein versierter Machetenarbeiter schärft. Hier liegt jahrelange Erfahrung zu Grunde und ich möchte Anfängern von dieser Technik abraten.
Sichtbar ist gleichwohl wie die Feile zu führen ist.
Feile vorbereiten und bereithalten
Einen Tipp möchte ich vorausschicken: Wer möglichst schnell mit dem Arbeiten mit Machete beginnen möchte, sollte sich eine bereits gebrauchte, geschärfte Feile kaufen.
Hierzu am besten bei Nachbarn oder Feldarbeitern fragen.
In Costa Rica schwören versierte Feldarbeiter auf Feilen der US-Marke Nicholson (https://www.crescenttool.com/brands/crescent-nicholson), zu erkennen am Logo mit den gekreuzten Feilen.
Um eine Feile selber zu schärfen, gehen Sie wie folgt vor:
Da diese Feilen ohne Griff kommen, wird im ersten Schritt ein solcher benötigt. Hier wird gerne das sehr leichte Balsa-Holz verwendet, es kommt aber auch spanische Zeder (Cedro amargo) zum Einsatz. Sie würden hierfür im Feld die entsprechenden Bäume identifizieren und geeignete Äste suchen.
Sobald der Griff entsprechend zugeschnitzt ist, wird die Feile durch Schläge auf eine harte Unterlage in den Griff gerammt.
- Nun müssten Sie die Feile mit der dünneren Seite bis zu 10 Stunden über die grobe Seite eines Schleifsteins ziehen. Siehe Abbildung weiter oben.
- Legen Sie den Stein dazu auf einen feuchten Lappen.
- Halten Sie die Feile mit den spitzen Fingern beider Hände diagonal mit leichter Kraft auf den Stein nieder und ziehen Sie sie mit der Klinge nach vorn gerichtet zu sich hin. Bewegen Sie die Feile dabei leicht seitlich.
- Halten Sie den Stein dabei feucht.
- Wenden Sie die Feile nach einiger Zeit, so dass die Klinge zu Ihnen zeigt und fahren Sie mit der gleichen Bewegung – diesmal von sich weg – fort.
- Wenn Sie eine Grundschärfe erreicht haben, können Sie den Schleifstein wenden und dessen feine Seite verwenden.
- Im Endstadium muss die Feile so scharf sein, dass Sie damit ein Stück Papier durschschneiden können.
- Spätestens nach jedem Arbeitstag mit der Machete sollte die Feile erneut geschliffen werden. Keine Sorge: Nun geht es wesentlich schneller!
Bonus: Mit Haken arbeiten
Viele Machetenarbeiter im Regenwald nutzen in der Schlaghand die Machete und in der anderen eine Haken (spanisch: gancho) aus zurechtgeschnitzem Holz, um das abzuschlagende Gras zuvor zu fixieren. Zudem können mit dem Haken bereits abgeschlagene Hindernisse sehr leicht bei Seite geräumt werden oder auch herabhängende Äste besser erreicht und für den Schlag vorbereitet werden.
Meine Einschätzung: Das ist was für Profis!
Fazit
Die Machete ist beim Arbeiten im Regenwald unverzichtbar. Sie haben gelernt, worauf man beim Umgang mit diesem grandiosen Werkzeug achten muss und dass man viel Übung braucht, bis man es meistert. Die Vorbereitungsarbeiten zum Schärfen einer Machete und Feile können aufwändig sein.
Zudem wissen Sie nun, dass von Macheten eine gewisse Gefahr ausgeht, welche Sie gleichwohl durch die Beachtung der erwähnten Sicherheitshinweise minimieren können.
Und nun viel Spaß beim Fliegenlassen der Machete!
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