Weltweit gibt es unzählige Organisationen, die sich mit dem Aufforsten von Wald befassen. Bäume pflanzen liegt im Trend. Viele Produkte aus dem Supermarkt werben damit, dass beim Kauf Bäume gepflanzt werden.
Dieser Trend ist begrüßenswert.
Doch was steckt dahinter? Werden wirklich Bäume gepflanzt, wenn ich eine Tafel Schokolade oder ein T-Shirt kaufe? An welchen Bewertungskriterien lassen sich Wiederaufforstungsprojekte messen?
Diesen Fragen ist ein Reporterteam des NDR nachgegangen.
Während der Beitrag viele spannende Aspekte beleuchtet, so werden einige relevante Punkte zu diesem Thema leider nicht erwähnt. Nachfolgend sollen diese ergänzt, eingeordnet und mit unserem Projekt im Regenwald Costa Ricas abgeglichen werden.
Zudem wird klar werden, wie man vertrauenswürdige Waldpflanzprojekte erkennen kann.
Höhere Gewalt kann Wald zerstören
Der NDR Beitrag beginnt mit Waldbrandszenen. Es wird gesagt, dass in Kalifornien riesige Waldflächen in jüngster Vergangenheit abgebrannt seien und dass niemand garantieren könne, dass gepflanzter Wald längere Zeit stehen bliebe, um so ausreichend CO₂ zu speichern.
Auch später wird im Zusammenhang mit den Mangrovenwäldern erwähnt, dass diese nicht gut wüchsen aufgrund von Zyklonen, die die Gegend heimsuchten.
Diesem Punkt ist beizupflichten. Niemand kann sich gegen Naturkatastrophen oder höhere Gewalt absichern.
Neben Feuer kann ein Wald auch durch Überflutungen, Stürme und Trockenheit in Mitleidenschaft gezogen werden. Nur, hierbei handelt es sich um „Lebensrisiko“. Das ist kein Argument dagegen, Bäume zu pflanzen.
Klar sein sollte allerdings, dass eine CO₂ Ersparnis erst verbucht werden kann, wenn diese erfolgt ist.
Die Überlebensrate kann durch Monitoring der Bäume und Schutzmaßnahmen erhöht werden.
Für unser Projekt existiert ein Notfallplan, so dass es auch bei Tod von Mitarbeitern weitergeführt werden kann.
Bäume pflanzen gegen die Klimakatastrophe
Im Beitrag wird Dr. Dietrich Brockhagen von Atmosfair zitiert.
Er gibt an, dass selbst wenn alle freien Flächen der Erde bewaldet würden, so nur 20% des Klimaproblems gelöst werden könne.
Eine Studie der ETH Zürich, über die wir berichteten, kommt zu einem anderen Ergebnis. Etwa 2/3 der menschengemachten CO₂ Emissionen könnten durch großflächige, weltweite Wiederaufforstungen aufgenommen werden.
Fixierung auf CO₂
Die Journalisten des NDR legen einen Fokus auf CO₂ und auf die Anzahl der Bäume, die in Wiederaufforstungsprogrammen pro Hektar (100m x 100m) gepflanzt werden. Je mehr Bäume gepflanzt werden, desto mehr CO₂ kann natürlich gepuffert werden.
Es wird erwähnt, dass bei Pflanzungen initial eine hohe Anzahl an Setzlingen gepflanzt werde (bis zu 20.000 pro Hektar), von denen nur wenige überhaupt lange genug wachsen könnten, um zu einem ausgewachsenen Baum zu werden.
- Der Aspekt der CO₂ Pufferung ist natürlich wichtig. Allerdings lässt er andere Dienstleistungen des Waldes völlig außer Acht.
Dinge wie:
- der Schutz des Grundwassers,
- Artenvielfalt,
- die Schaffung von Lebensraum für Tiere,
- der Beitrag zur Regenbildung
- Verhinderung von Erosion durch Wasser und Wind, sowie vieles mehr
kommen hier nicht zur Sprache. Gewiss, solch eine Komplexität hätte vielleicht den Rahmen des Beitrags gesprengt.
Für uns Menschen sind diese Dienstleistungen allerdings ebenso relevant.
- Die Pflanzdichte bei Wiederaufforstungsprojekten ist immer wieder Anlass zu Diskussionen.
Wie viele Bäume kann man sinnvollerweise auf einen Hektar pflanzen?
Ein wissenschaftliches Projekt in Brandenburg benutzt eine speziell abgestimmte Kombination aus Büschen und Bäumen, zudem erfolgt eine Vorbehandlung des Bodens. Auf diese Weise sollen bis zu 2500 Gewächse auf nur 800 m² wachsen können.
Bezogen auf einen Hektar wären dies 31.250 Gewächse.
Da käme man den 20.000 erwähnten Mangroven des Beitrages schon recht nahe.
Es ist dem Videomaterial der Reportage zu Folge nicht davon auszugehen, dass solch ein Konzept bei den gezeigten Projekten Anwendung findet. Natürlich sind Mangrovenwälder auch anders zu bewerten.
In unserem Projekt pflanzen wir 680-700 Regenwaldbäume pro Hektar. Das ist ein guter Kompromiss aus Pflanzdichte und der Möglichkeit zur individuellen Baumentwicklung. Auch andere Projekte im Regenwald nutzen ähnliche Pflanzabstände.
In Rheinland-Pflaz wird der Baumbestand im Wald mit 632 pro Hektar angegeben. Dies sind Durchschnittswerte, die auch einen großen Anteil Wirtschaftswald beinhalten.
- Die Biodiversität innerhalb des Waldes durch verschiedene Baumarten kommt nur sehr kurz zur Sprache.
So ist die Fichte etwa die häufigste Baumart im deutschen Wald.
Da ist es wenig sinnvoll, noch weitere Fichten in Deutschland zu pflanzen.
In unserem Projekt pflanzen wir über 50 verschiedene Baumarten im Regenwald Costa Ricas und schaffen so Waldinseln mit hoher (Baum-)Artenvielfalt.
Natürliche Wald-Regeneration
Herr Prof. Pierre Ibisch kommt in der Dokumentation ebenfalls zu Wort. Er befürwortet die natürliche Waldregeneration und kritisiert falsch durchgeführte Wiederaufforstungen, welche nur die Primärbaumart Birke pflanzten.
Es wird auch eine Wiederaufforstung mit vertrockneten Kiefernsetzlingen gezeigt.
- Natürliche Waldregeneration ist eine gute, allerdings auch zeitaufwändige Sache. Zeitverlust ist ein Luxus, den wir Menschen uns nicht leisten können. Wir müssen so schnell wie möglich Wälder schaffen, die den natürlichen sehr ähnlich sind. Erst wenn die Bäume kräftig sind und Früchte produzieren, können sie sich selbst überlassen werden.
Zudem geht mit diesem Zuwarten das Risiko einer Verbuschung oder einer anderen permanenten Veränderung des Gebietes einher. Es ist nicht garantiert, dass natürlicherweise wieder ein Wald entsteht und es kommt auf die spezielle Situation vor Ort an.
- Wiederaufforstungen müssen nachverfolgt werden. Die Überlebensraten der gepflanzten Bäume sind sonst sehr schlecht. Dies ist allerdings kein valides Argument, sich gegen Wiederaufforstungen zu wenden.
In unserem Projekt erhalten die Baumpaten in den ersten Lebensjahren des Baumes insgesamt 6 jährliche Fotos. Es erfolgt also durch uns und durch die Baumpaten ein Monitoring.
Wir können durch regelmäßiges Befreien von Unkraut und Schlingpflanzen sicherstellen, dass alle Patenbäume groß und stark werden.
Durch Baumnummern und Markierungsstecken können wir feststellen, dass an einem bestimmten Punkt ein Baum stand und wenn Bäume nicht anwachsen, ersetzen wir diese in den ersten Jahren.
- Eine natürliche Wald-Regeneration ist nur möglich, wenn in der Umgebung oder der Erde noch keimfähiges Samenmaterial vorhanden ist. Dies ist im Regenwald durch örtliche Fragmentierung nicht immer der Fall.
Eine weitere Studie der ETH Zürich kam zu dem Ergebnis, dass Baumarten mit großen Früchten, welche von Vögeln verteilt werden, aktiv aufgeforstet werden müssten.
Diese wurd auch durch diese aktuelle Studie bestätigt:
„Nachwachsende tropische Wälder erreichen nach 20 Jahren fast 80% der Fruchtbarkeit, Kohlenstoffspeicherung und Baumvielfalt von Urwäldern.“
Florian Oberleitner
Es gebe kein Wundermittel […], und es kann erforderlich sein, die Regeneration aktiv zu unterstützen.“
Institut für Ökologie, Universität Innsbruck
Kosten pro gepflanzten Baum
Die im Filmbeitrag gezeigten Unternehmen arbeiten alle mit Drittanbietern zum Zwecke der Wiederaufforstung zusammen. Kosten von 10-20c und von einem Euro / Dollar pro Baum würden von diesen Drittanbietern berechnet.
- Die genannten Preise können wir so nicht nachvollziehen. Alleine ein Setzling, also ein seltener Baum aus einer Baumschule kann in Costa Rica an die 10 Euro kosten. Weniger seltene Bäume kosten knapp einen Euro.
Weitere Kosten bei der Pflanzung eines Setzlings sind:
Die Entfernung von Unkraut und Sträuchern, sowie das Abmessen der Grundstücks auf der Wiederaufforstungsfläche, um den Pflanzabstand fest zu legen. Am Ende noch die Pflanzung selbst und das Markieren mit einem lebenden Stecken. Für all das muss ja auch noch jemand bezahlt werden.
Selbst wenn man Mengenrabatt bekommt und in ein Niedriglohnland geht, wird man die Preise nicht ohne Abstriche auf solch ein Niveau drücken können.
Haben Sie bemerkt, dass hier noch gar nicht mal die Preise für weitere Säuberungsaktionen der Bäume inbegriffen sind?
Bei den bedeutsamen Wiederaufforstungen von Mangroven, wie sie im Beitrag erwähnt werden, kann es natürlich sein, dass einige der hier genannten Arbeitsschritte entfallen. - Wem gehören die Grundstücke auf denen gepflanzt wird? Über diesen wichtigen Aspekt wurde im Beitrag nicht gesprochen. Wer auf fremden Grundstücken pflanzt, kann nicht einschreiten, wenn illegale Rodungen vorgenommen werden oder der Besitzer des Grundstücks die Bäume zu Holz verarbeiten möchte.
Wenn aber die Grundstücke erworben wurden, entstehen dabei weitere Kosten, die auf den einzelnen Baum umgelegt werden müssen.
Kontrolle über die Wiederaufforstungsprojekte
Im Beitrag wird deutlich, dass Ecosia die Wiederaufforstungsorganisationen, welche für sie pflanzen, kontrolliert. Der Angestellte Pieter van Midwoud ist dafür zuständig und gibt an, dass es wichtig sei, dass man sicherstellen könne, dass die Bäume noch nach drei Jahren stünden.
Die beiden Journalistinnen finden eine Diskrepanz zwischen den Anzahl an gepflanzten Bäumen und den offiziellen Angaben des Dienstleisters und Ecosia.
Wir sind der Meinung, dass man die Situation und die Grundstücke vor Ort gut kennen muss, um zu verstehen, was dort vorgeht.
Die Auslagerung an einen (oder sogar sehr viele verschiedene) Dienstleister und die nur recht grobmaschige Kontrolle des selbigen führen dazu, dass das Monitoring ungenau wird. Hier könnte durch eine (kostensteigernde) Verbesserung der Aufsicht Abhilfe geschaffen werden.
Verwundert sind wir auch darüber, dass selbst vor Ort keine genaue Anzahl der gepflanzten Mangroven beim besuchten Projekt zu erfahren war.
Lobenswert ist natürlich die Einhaltung von Sozialstandards durch den besuchten Dienstleister.
Gewiss sehen wir hier auch nur einen kleinen Ausschnitt des Gesamtbildes: Ecosia unterstützt ja viele Projekte weltweit.
In unserem Projekt erfolgen alle Arbeiten aus einer Hand und die Grundstücke sind unser Eigentum. Dadurch wird vieles kompliziert, denn das bedeutet neben Bürokratie, dass auch Grundsteuer gezahlt werden muss.
Dafür behalten wir die volle Kontrolle über das Grundstück und können auch reagieren, wenn es zu Unvorhersehbarkeiten kommt:
– nach einem Erdrutsch im Wiederaufforstungsbereich haben wir den Hang fachmännisch stabilisiert
– nach zu hohem Wassereintrag durch eine Planierung des Zugangs haben wir eine Entwässerungsrinne gezogen
– während einer längeren Trockenperiode unterstützten wir neu gepflanzte Bäumchen durch Gießen
Lesen Sie auch unsere ausführliche Risikoevaluation.
Übrigens kann man in unserem Projekt seinen Geschenkbaum besuchen und sich selbst überzeugen, dass er gut gepflegt wurde.
Fazit
In diesem Beitrag haben Sie einen Einblick in die Arbeit von Wiederaufforstungsprojekten bekommen. Sie haben gelernt, welche Dinge von Relevanz sind, und dass eine höchstmögliche Transparenz Vertrauen schaffen kann.
Wird ein Wiederbewaldungsprojekt aus einer Hand durchgeführt, so ist es einfacher, die Kontrolle über die Prozesse zu behalten.
Sehr niedrige Kosten von weniger als einem Euro pro Baum können auf fehlende Nachverfolgung der Baumentwicklung hindeuten. Bei Massenanpflanzungen kann ein unbetreuter Baum zwar überleben, die Wahrscheinlichkeit dafür ist allerdings in der Regel gering.
Sie haben zudem erfahren, dass es sehr wohl Möglichkeiten gibt, den Einfluss von höherer Gewalt auf Aufforstungen abzuschwächen. Zudem ist es relevant, ob Baumpflanzprojekte eigene Grundstücke besitzen und Bäume transparent (etwa mit Baumnummern) markieren.
Die Reportage hat relevante Denkanstöße geliefert und einige Scharlatane ausgemacht. Nicht angesprochene Gesichtspunkte konnten in diesem Beitrag nachgeliefert werden.
Wir glauben: Das Klima wird sich von selbst stabilisieren, wenn wir nachhaltig mit den verfügbaren natürlichen Ressourcen umgehen und Million sorgfältig betreuter Setzlinge pflanzen.
So können wir auch von weiteren Dienstleistungen des Waldes profitieren.
Sind Sie anderer Meinung oder möchten Sie etwas ergänzen?
Dann schreiben Sie uns bitte einen Kommentar.
Wir freuen uns, wenn Sie unser Projekt unterstützen, in dem Sie einen Baum im Regenwald verschenken.
Vielen Dank für die Aufklärung!
Ich finde Ihre Arbeit klasse und bin gerne Patin.
Wir sind bereits Paten von mehreren Bäumchen und haben uns auch schon vor Ort in Costa Rica von Eurer tollen Arbeit überzeugt und können das Projekt auf jeden Fall weiter empfehlen!
Auch ich habe schon mehrere Patenschaften verschenkt und bin selbst „Besitzerin“ zweier Bäume, die ich 2012 besucht habe. Dieser Tag im Urwald gehört mit zu den eindrucksvollsten, die ich je auf Reisen erlebt habe! Es ist wunderbar, dass es dieses Projekt gibt – ich kann es mit voller Überzeugung empfehlen!
Super Vervollständigungsbeitrag und sehr respektvoller Ergänzung, bzw Aufklärung. Ich bin auch sehr stolz einen Patenbaum bei Ihnen zu haben und freue mich immer sehr über die Bilder und wie transparent alles gehalten wird. Eines Tages werde ich auch „meinen“ Baum besuchen
Der Aspekt, dass ausgewachsene, besonders auch seltene / wertvolle Bäume, vor illegaler Rodung geschützt werden müssen, wird ebenfalls oft vergessen.